Massivholzhandbuch 2.0

NACHHALTIGKEIT 8 Der Wald als Kohlenstoffsenke In Zeiten steigender CO2-Emissionen, bedingt durch verstärkte anthropogene Emissionen, sind durch eine geregelte Forstwirtschaft gepflegte und stabile Wälder, wie sie in ganz Nord- und Zentraleuropa zu finden sind, einer der bedeutendsten Faktoren bei der Reduzierung der CO2-Belastung in der Atmosphäre. Wie wichtig eine geregelte Bewirtschaftung der Wälder durch die Forstwirtschaft ist, zeigt die untenstehende Grafik (siehe Abbildung 4). Während in einem nicht bewirtschafteten Wald die Kohlenstoffbilanz, bedingt durch das Absterben und Verrotten der Bäume, ausgeglichen bleibt, läuft die Bilanzierung in einem bewirtschafteten Wald anders ab: Durch die Holzernte bleibt der Kohlenstoff im geernteten Holz weiterhin gespeichert – die Verrottungsphase wird somit einfach ausgelassen. Würde man die Bewirtschaftung der Wälder einstellen, gäbe es weder Holzprodukte, die zusätzlichen Kohlenstoff speichern, noch Bioenergien, die fossile Energieträger ersetzen könnten. Somit würde die Erderwärmung noch schneller voranschreiten. Daher sind nicht bewirtschaftete Wälder weniger gut für die Atmosphäre als bewirtschaftete. Denn das Holz kann nicht genutzt werden, und durch die natürliche Verrottung wird das CO2, welches der Baum während seiner Wachstumsphase aufgenommen hat, wieder an die Atmosphäre abgegeben. CO2-Sequestration – langfristige Einlagerung und Speicherung von Kohlenstoff Aufgrund der langfristigen Speicherfähigkeit der Bäume auch nach der Ernte tragen nicht nur die Wälder, sondern vor allem auch Bauwerke, Möbel oder sogar Spielzeug aus Holz als Kohlenstoffspeicher zur Reduktion des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre bei. Als Faustwert werden in 1 m³ Holz nahezu eine Tonne CO2-Äquivalente aus der Atmosphäre gespeichert. Hochgerechnet sind damit im österreichischen Wald ca. 3 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente gespeichert. Das ist fast 35-mal so viel, wie in Österreich jährlich an Treibhausgasen emittiert wird. Bäume binden Kohlendioxid und speichern es über einen langen Zeitraum als biogenen Kohlenstoff. Jeder genutzte Stamm schafft Platz für neue Bäume und vermehrt den Kohlenstoffspeicher im Holz. Bauen mit Holz macht somit in jeder Hinsicht Sinn, zumal Holz in unseren Breiten überall ausreichend zur Verfügung steht. Gleichzeitig ist es ein natürlicher und nachhaltiger Rohstoff, der als Kreislaufwerkstoff einer umfassenden Nutzungskaskade unterliegen kann. Abbildung 4 – Auswirkungen der Kohlenstoffsenke zwischen dem Wirtschaftswald und dem Urwald, Zuschnitt 65, proHolz Austria Wälder speichern große Mengen an Kohlenstoff und sind daher wichtig für den globalen Kohlenstoffkreislauf. Seit 1960 hat sich der CO2-Anteil in der Atmosphäre von 218 ppm auf aktuell ca. 385 ppm um 0,039 Prozent erhöht. Ohne CO2 in der Atmosphäre hätten wir eine durchschnittliche Welttemperatur von –16 °C und nicht wie derzeit ca. +15 °C. In Österreich hat die Jahresmitteltemperatur seit 1960 um 1,5 °C zugenommen, während sich die jährlichen Niederschläge im Mittel nicht verändert haben. Wald puffert große Mengen an CO2 und ohne Wald hätten wir eine um 30 Prozent höhere CO2-Konzentration. Die globale Waldfläche ist damit gemeinsam mit den Ozeanen der wichtigste „Klim puffer“ und Wald rhaltu g bzw. ei e Erweit rung der Waldflächen ist Teil des Klimaschutzes. Was bewirkt Waldwirtschaft? Waldökosysteme binden Kohlenstoff. Mit der Kompostierung von abgestorben Biomass se zen Wälder Kohlenstoff f ei. Großflächige, vom Menschen unbeeinflusste Waldökosysteme (Urwälder) binden in etwa die gleiche Menge Kohlenstoff, die sie durch Abbauprozesse freisetzen. Ein 300 Hektar großer Urwald mit einer idealen Altersklassenverteilung ist CO2-neutral und hat somit auch keine Senke l istung. Waldwirtschaft hingegen nutzt Holz am Ende der Optimalphase und führt es idealerweise im Sinne einer sogenannten kaskadischen Verwendung der gesellschaftlichen Nutzung zu. Am Ende des Prozesses verrottet dann Holz wieder bzw. wird für die Energieerzeugung v rwendet. Damit werden fossile E ergieträger (Erdöl, Erdgas) subsituiert und durch die erneuerbare Ressource Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft ersetzt. Im Gegensatz zu einem Urwald hat ein 300 Hektar großer Wirtschaftswald mit idealer Altersklassenverteilung aufgrund von Substitutionseffekten (Ersatz vo fossil m C) einen positiven Effekt. Im Gegensatz zum Urwald wird C bzw. CO2 nicht durch Zersetzungsprozesse freigesetzt, sondern geerntet und erst wieder im Zuge der energetischen Nutzung an die Atmosphäre abgegeben. Das Kyoto-Protokoll Die international wichtigste Vereinbarung zum Klimaschutz ist das Kyoto-Protokoll. Ein wichtiges Ziel des Kyoto-Protokolls ist die Erhaltung der globalen Waldfläche, die außer in Europa aufgrund der Umwandlung in landwirtschaftliche Flächen und Siedlungsraum für die wachsende Bevölkerung abnimmt. Österreich hat sich bei der Klimakonferenz im japanischen Kyoto zu einer Reduktion des CO2-Ausstoßes bis 2012 um 13 Prozent, bezogen auf das Niveau von 1990 (79 Mio. t CO2), verpflichtet. Seit Februar 2005 gilt diese Vereinbarung. Im Jahr 2012 wäre für Österreich ein Ausstoß von 68,87 Mio. t CO2 erlaubt gewesen, tatsächlich betrug dieser 80,2 Mio. t. Hauptverursacher waren der Verkehr (ca. 30 Prozent) und die Industrie (29 Prozent). Auch wenn in Österreich die Waldfläche jährlich um 7.000 Hektar zunimmt und damit ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz geleistet wird, muss Österreich den CO2-Ausstoß senken, um die Klimaziele zu erreichen. Dazu sind auch die Förderung erneuerbarer Energien sowie der Verwendung von Holz, das in Gebäuden, Möbeln etc. als „Zwischenlager“ für Kohlenstoff dient, notwendig. Diese „Zwischenlagerung“ bzw. „kaskadische“ Verwendung von Holzprodukten verringert den CO2-Gehalt in der Atmosphäre. Es wir eine Intensivieru g der Waldwirtschaft erwartet, wobei auf die Nachhaltigkeit zu achten ist. Reisig und Äste müssen im Wald verbleiben, damit es zu keinen Degradierungen der Standorte kommt. Huber t Hasenauer ist Professor für Waldbau und Leiter des Instituts für Waldbau an r Universität für Bodenkultur in Wien. Seine Forschungsinteressen sind Waldbewir tschaf tungskonzepte und Kohlenstoffkreisläufe sowie die Weiterentwicklung und Anwendung von Ökosystemmodellen in der Klimafolgenforschung. I – Optimalphase: Hier f indet das größte Volumenwachstum statt und der Wald speicher t große Mengen an Kohlenstof f. Der Wald ist eine Kohlenstof fsenke. II – Zer fallsphase: Der Wald hat seine physiologische Altersgrenze erreicht , Bäume sterben, ver faulen und geben Kohlenstof f an die Atmosphäre ab. Der Wald ist eine Kohlenstof fquelle. III – Verjüngungsphase: Der Wald bef indet sich am Ende der Zer fallsphase mit viel Verjüngung. Der Wald ist kohlenstof fneutral, weil Abbau- und Wachstumsprozesse in etwa gleich sind. Hubert Hasenauer Der Wirtschaftswald Kohlenstoff wird gebunden, Umtriebszeit 150 Jahre, Kohlenstofffreisetzung er folgt nicht im Wald. Der Urwald Kohlenstoff konstant, man sieht einen vollen Lebenszyklus von 300 Jahren, keine Bewir tschaf tung. 0 50 100 150 200 250 300 Jahre I II III 350 300 250 200 150 100 50 0 Kohlenstoff (t ⁄ ha⁄ a) CO2 Kohlenstof fspeicher im Wald Wachstum und Entnahme Kohlenstof fspeicher im verbauten Holzprodukt stetiges Wachstum durch langfristige Nutzung C C C C C C C C C C C C C C C

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